Zeitliche Aggregation
ie Hauptaufgabe der zeitlichen Aggregation besteht, ähnlich wie die der räumlichen Aggregation, in der Komplexitätsreduktion von zeitlich aufgelösten Inputdaten, um komplexe Energiesystemmodelle mit einer angemessenen Rechenzeit lösen zu können, wobei die Lösung des Optimierungsproblems durch die Aggregation so wenig wie möglich beeinflusst werden soll. Im Gegensatz zur räumlichen Aggregation konzentriert sich die zeitliche Aggregation dabei auf das Zusammenfassen von redundanten Informationen entlang der Zeitachse.
Für die zeitliche Aggregation werden Zeitreihen aus Umweltparametern wie Windgeschwindigkeiten oder Sonnenstrahlungsintensitäten an bestimmten Orten, zum Beispiel über bestimmte Regionen aggregierte Durchschnittszeitreihen, verwendet. Darüber hinaus können auch die Zeitreihen bereits bestehender Komponenten wie die Nachfrageprofile von Haushalten oder der Industrie aggregiert werden. Im Kontext der Energiesystemmodellierung beschreiben Zeitreihen dabei Listen diskreter Werte, die bestimmte physikalische Werte für einen festgelegten Zeitschritt repräsentieren; zum Beipsiel besteht eine jährliche Zeitreihe mit stündlicher Auflösung für Windgeschwindigkeiten an einem bestimmten Ort aus einer Liste mit 8760 Werten.
Die größte Herausforderung der Zeitreihenaggregation ist es, die wichtigsten Informationen für Energiesystemmodelle während der Aggregation zu bewahren. Diese sind insbesondere Extremwerte, die einen großen Einfluss auf die Auslegung von Reservekapazitäten haben, die wiederum die Betriebsfähigkeit auch in Extremperioden gewährleisten. Zudem sind die Durchschnittswerte der Zeitreihen von Interesse, da sie relevant für die, den gesamten Zeitraum umfassende, Kostenminimierung sind.
Oft verwendete Methoden der zeitlichen Aggregation sind [1]:
- Die Mittelung, das sogenannte Averaging
- Clustering, bei dem Zeitperioden in einem mehrdimensionalen Hyperraum bestimmten Gruppen zugeordnet werden und jede Gruppe bzw. Cluster durch eine einzelne Typperioden repräsentiert wird
- Heuristiken, die bestimmte Extremwerte separat in das System einspeisen
Die einfachste Methode der zeitlichen Aggregation ist die Mittelung, die in der Literatur auch häufig als Downsampling bezeichnet wird. Diese Methode reduziert die Zahl der Zeitschritte, indem sie diese durch ihren Mittelwert repräsentiert. Dies kann für eine beliebige Intervalllänge vorgenommen werden, z.B. stündliche zu täglichen Intervallen, aber auch zu noch groberen Auflösungen, wie zum Beispiel Jahreszeitendurchschnitten. Da das Gesetz der großen Zahlen zu einer Glättung der Extremperioden führt, die besonders relevant für die Betriebsfähigkeit sind, wird diese gewöhnlich von komplexeren Methoden und Heuristiken für die Bestimmung dieser Extremperioden übertroffen, die im Folgenden erläutert werden sollen.
Das sogenannte Clustering nutzt die Tatsache aus, dass bestimmte Phänomene in Zeitreihen mit einer bestimmten Regelmäßigkeit auftreten; zum Beispiel oszilliert die Sonneneinstrahlungsintensität auf einer täglichen Basis. Daher gruppiert Clustering bestimmte Intervalle einer Zeitreihe in Gruppen, die sogenannten Cluster, in denen sich die einzelnen Zeitintervalle besonders ähnlich sind. Da viele Phänomene in der Energiesystemmodellierung täglich oszillieren, werden meistens Typtage geclustert. Im Anschluss daran wird jedes Cluster von Typperioden durch den Durchschnittswert des Clusters oder den Median repräsentiert. Grafik 1 und 2 zeigen den Effekt der Clusterung einer Zeitreihe für die Kapazitätsfaktoren von Photovoltaik. Alle in Grafik 1 gezeigten Tage werden in Grafik 2 durch acht Typtage repräsentiert, d.h. durch lediglich acht verschiedene Spaltentypen. Da hierfür der k-means-Algorithmus verwendet wurde, ist jeder Typtag der Durchschnitt seines Clusters. Dies bedeutet, dass auch in diesem Fall der Effekt des Mittelns auftritt und die Extremwerte nicht ausreichend repräsentiert werden, jedoch das Tagesprofil im Allgemeinen gut repräsentiert wird.
Wie oben gezeigt wurde, führt die Clusterung nach wie vor zu Glättungseffekten, die zu einer Unterschätzung von Reservekapazitäten bei der Auslegung der Energiesysteme führen. Daher existiert eine große Zahl von Heuristiken, die versuchen, Extremperioden separat zu berücksichtigen. Die am häufigsten verwendete Methode ist dabei, die Tage, die Extremwerte beinhalten, aus der Clusterung auszuschließen und sie anschließend gesondert in die Zeitreihe wieder einzufügen, um zu versuchen, eine robuste Optimierung zu erzielen. Dies stellt jedoch besonders für Modelle mit einer großen Zahl an Komponenten eine äußerst nichttriviale Aufgabe dar.
Abschließend kann konstatiert werden, dass weiterhin die wichtigste Aufgaben der Forschung an zeitlicher Aggregation in METIS die Verbesserung der Repräsentation häufig auftretender Konstellationen in Zeitreihen für eine große Anzahl an Komponenten und die Bestimmung der kritischen Perioden sind, noch bevor die Aggregation oder die Optimierung selbst durchgeführt werden. Dies dient der Bewahrung der Betriebsfähigkeit und der Gewährleistung einer (möglichst) kostenoptimalen Lösung bei gleichzeitig erheblicher Verringerung der Rechenzeiten [2].
Die entwickelten Aggregationsmethoden werden im Python-Paket tsam implementiert.